Der Norden liegt hinter uns - Zweiter Rückblick
15.07.2022
Das Gefühl bei diesem Rückblick könnte gegensätzlicher als zum ersten Rückblick kaum sein. Das große Grauen (😂 - oder vielmehr die Angst davor) liegt erstmal hinter uns: der Atlantik im Frühjahr mit Kälte, hohen Wellen, starkem Wind, unberechenbaren Strömungen, zu flachem Wasser bei Ebbe und dann der Zeitdruck - letztlich war es natürlich alles gar nicht so schlimm. Wie das eben so ist mit der Angst, selbst wenn die gefürchteten Szenarien eintreten ist man ja in diesem Moment damit beschäftigt das beste aus der Situation zu machen, es ist dann einfach wie es ist. Und wenn's mal nicht geht muss umgedreht werden, auch nicht schlimm. Außerdem passt ja ein rauer See- oder Hafentag auch irgendwie zur Normandie. Es war ein wunderbarer Abschnitt mit unglaublichen Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen. Gefühlt sind wir schon 1 Jahr unterwegs. Die Kreidefelsen und charmanten Fischerdörfer Nordfrankreichs, die Szenerie auf Guernsey, das galizische Lebensgefühl, das soviel spanischer wirkt als der touristische Süden und natürlich der Norden Portugals, der ebenfalls mit seinem ursprünglichen Charme lockt.All diese Etappen würde ich sofort nochmal genießen, mit etwas mehr Zeit versteht sich.
Mini hat ganz nebenbei und über Nacht begonnen eigenständig die Treppe am Niedergang hoch zu klettern. Irgendwann habe ich mich beim Abwaschen umgedreht und sie hat mich auf Augenhöhe und sichtlich stolz angestrahlt. Läuft.
Es gab aber auch wieder eine Phase, in der ich keine Lust mehr hatte - immer die gleiche blöde Wellenrichtung und wenig Wind um das Boot zu stabilisieren. Aber das vergeht. Und ich bin immer wieder erstaunt wie das Gehirn oder die Seele funktioniert: wenn man den ganzen Tag über auf See vor sich hin brabbelt und flucht weil die Welle wieder den Kartentisch leer räumt und einem von den Geschaukel einfach übel wird, weshalb man nichts essen kann, was die Übelkeit wiederum verschlimmert. Das könnte etwa so klingen: "Keinen Tag länger" "So ein Scheiss, was hab ich mir nur dabei gedacht" "Ick will nich mehr" "Nie wieder, ich brech' ab" - und dann fährt man in den Hafen, macht das Boot fest, stellt den Motor ab und denkt: "Geil, wir sind da" "na ja, so schlimm war der Tag ja nicht, wir sind ja gut angekommen" "bestes Leben, will ich für nichts in der Welt tauschen" .